Die Firma Elektrowerkzeuge Eibenstock ist aus dem kurz vor Kriegsende aus Leipzig nach Eibenstock übergesiedelten Unternehmen Hönnecke & Ditter hervorgegangen. Sämtliche Produktionsanlagen sowie Konstruktionspläne waren verloren gegangen. Die Herstellung von Bohrmaschinen, elektrischen Laubsägen, Kleinstmotoren, Dornpressen und „Handgewindeleiern“ erzielte 1945 eine Jahresbilanz von 69 Tausend Reichsmark. Ein Jahr später betrug das Betriebsergebnis bereits 359 Tausend Reichsmark. |
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Abb.1: Titelblatt der Liste Nr. 142 von 1937 der Marke EMHA Die RB13 kostete 1942 95 Reichsmark. Der dazu gehörende Bohrständer 55.- RM. |
Hönnecke & Ditter KG (seit Oktober 1959)
Horst Ditter erkannte, die damals einzige Möglichkeit weiter expandieren zu können. Um an weitere Geldmittel zu gelangen, ließ man durch die Deutsche Investitionsbank der DDR als Kommanditistin die staatliche Beteiligung am Unternehmen zu.
In der Folgezeit beteiligte man sich unter Federführung des VEB Elektrowerkzeuge Sebnitz an der Entwicklung und schrittweisen Umstellung von Geräten mit Motorgehäusen aus Kunststoff, um der internationalen Entwicklung gerecht zu werden. Anfang der 1970iger Jahre war diese dann abgeschlossen.
Die gerade erst entwickelte Schlagbohrmaschine SBI/23 fiel dieser Umstellung genauso zum Opfer, wie die legendäre Poliermaschine P10.
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Abb.2: Schlagbohrmaschine SBI/23 |
| Abb.3: Polierer P10 |
Nach 1960 stiegen, auch wegen der größeren Kapitalmittel, die Produktionszahlen und insbesondere der Export sprunghaft an. Trotz zunehmender staatlicher Einflussnahme konnte sich das Unternehmen nach eigenen Angaben den Charakter eines Privatunternehmens vorerst noch weites gehend bewahren. Natürlich hielt auch hier der „sozialistische Wettbewerb“ Einzug und die Belegschaft wurde in sechzehn sogenannte „Brigaden“ eingeteilt. Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) und der im Betrieb beschäftigte Parteisekrektär versuchten die Maxime der Partei- und Staatsführung umzusetzen.
VEB Elektrowerkzeugbau Eibenstock (ab 10.April 1972)
Der „Verstaatlichungswelle“ in der DDR konnte auch dieser Betrieb nicht entkommen. Die Beschlüsse des letzten SED- Parteitages waren in diesem Punkt auch für ihn Zukunft bestimmend.
Zwar blieb Horst Ditter bis zum 24. September 1974 Betriebsdirektor, doch wurde das Unternehmen in der Folge dem VEB Werkzeugkombinat Schmalkalden angegliedert.
Als seinen Nachfolger setzte man Manfred Wiezorke ein, der bis dahin als Ingenieur im VEB Elmo Thurm, Betriebsteil Schneeberg, tätig war.
Die staatliche Einflussnahme stieg in den 1970iger Jahren durch die hohen Planvorgaben weiter an.
Der Schwerpunkt lag, wegen der dringend benötigten Devisen, auf dem Export in den Westen. Dabei gingen Wunsch und Realität, hinsichtlich der Zielvorgaben, nicht selten unterschiedliche Wege und die negativen Auswirkungen der Planwirtschaft wurden deutlich.
Die neu entwickelten 13 mm Zweigang-Bohr- und Schlagbohrmaschinen der Typenreihe EHB/ ESB wurden im Jahr 1977 auf den Markt gebracht und auch mit 16 mm Bohrfutter und Morsekegelaufnahme in verschiedensten Ausführungen gefertigt. Der 1986 erschienene dreisprachige Prospekt richtete sich hauptsächlich an englisch und französisch sprechende Käufer.
Abb.4: Prospekt EHB/ESB 1986 |
VEB Elektrowerkzeugbau Eibenstock (ab 1. September 1981)
In diesem Jahr erfolgte die Bildung des VE Kombinat Haus- und Küchengeräte Schwarzenberg, dem die Eibenstocker zusammen mit 35 weiteren Klein- und Mittelständischen Unternehmen nun angegliedert wurden. Wichtige Entscheidungen wurden jetzt auf Kombinatsebene getroffen. Die juristische und ökonomische Selbstständigkeit konnte man zwar behalten, doch profitierten mehr andere von dem neuen Zusammenschluss hinsichtlich Synergie bei Forschung, Entwicklung und Technologie. 1984 steigt der Export um 165 Prozent. Wachstumsraten die uns heute utopisch vorkommen, mussten damals durch Sonderschichten aller Bereiche realisiert werden. Große Exportaufträge wie z.B. dreitausend Bohrmaschinen und Ständer nach Ägypten führten die Mitarbeiter an die Grenze ihrer Belastbarkeit.
Ab 1. Januar 1985 ist Lothar Lässig Betriebsdirektor. Unter seiner Leitung wurden elektronische Drehzahl- und Drehmomentregelungen entwickelt und in aktuelle Gerätetypen integriert. Eine Weiterentwicklung, die im internationalen Vergleich dringend notwendig und überfällig war, wollte man im Exportgeschäft weiter erfolgreich bleiben. Ende Juli 1985 fand die einjährige Entwicklungsarbeit des Winkelpolierers WPO 175 ihren Abschluss und im laufenden Geschäftsjahr verließen noch 1800 Stück das Werk. Das Entwicklungsteam erhielt von staatlicher Seite für seine Arbeit den Orden „Banner der Arbeit“. Ob es zur weiteren Motivation beitrug oder nur einer von unzähligen Propagandacoups war, bleibt ungeklärt. Lange hatte es gedauert, bis endlich ein Ersatz für den alten, sehr erfolgreichen P10 Winkelpolierer entwickelt wurde. Der Motor der WPO 175 ist identisch dem der Stichsäge St 251 von SEW VEB Spezialelektrowerkzeuge Neustadt/ Sachsen, die sie ab 1986 ebenfalls damit ausstatteten. In vier Jahren verkaufte man alleine im Inland mehr als 32 Tausend Stück dieser kleinen handlichen Maschinen, die vorwiegend für Heimwerker und Handwerker konzipiert wurden. Hieran ist sehr schön zu sehen, dass Planwirtschaft auch einheimische "Mitbewerber" unterbunden hat. Die Einzige, die auch Winkelpolierer im Programm hatte, war die Zwenkauer Maschinenfabrik.
Besonders die Exportgeschäfte verlangten ein hohes Maß an Qualität und Zuverlässigkeit der produzierten Geräte. Offensichtlich traute man bei Eibenstock derartige Anforderungen einheimischen Zulieferern nicht immer zu. Bei verschiedenen Bohrmaschinen wurde deshalb lieber auf "Made in West Germany" vertraut und der Schalter RB10 von Kautt & Bux verwendet.
Die letzten Jahre bis 1989 gingen einher mit immer größeren Problemen. Von staatlicher Seite forderte man nun zusätzlich die Entwicklung von Winkelschleifern. Eine Richtlinie zur Farbgebung aller in der DDR produzierten Elektrowerkzeuge musste umgesetzt werden und bereitete weitere Schwierigkeiten. Weiterhin versuchte man die Motivation zu erhalten. 1988 sammelte man auf der Leipziger Messe, nicht zum ersten Mal, wieder eine Goldmedaille ein.
Der Exportanteil in den Westen betrug jetzt das dreifache im Vergleich zum DDR Durchschnitt. Damit hatte das Unternehmen natürlich eine besondere Position im Kombinatsverbund und konnte dringend benötigte Investitionen wie die Anschaffung von Kleinrechnern, neuen Wickelautomaten, einer Ankerauswuchteinrichtung, einer CNC-Drehmaschine und einer Plastspritzpresse rechtfertigen und durchsetzen.
Der Plan des Jahres 1989 sah die Herstellung von 61.500 Elektrowerkzeugen in 15 Typen und 19.000 Bohrständer in zwei Ausführungen vor. Letztere mussten auch Kinder im sogenannten polytechnischen Unterricht, in eigens dafür geschaffenen Räumlichkeiten des Werkes herstellen. Die Mitarbeiterzahl stieg auf 164 Personen.
Nach der politischen Wende wurde das Unternehmen der Treuhandanstalt unterstellt. Die Erben von Horst Ditter beantragten die Restitution des Unternehmens. Annähernd der gesamte Inlandsmarkt brach zusammen und trotz ansehnlicher Exportaufträge mit langjährigen Kunden im westlichen Ausland drückte eine enorme Schuldenlast.
Lothar Lässig als alter Betriebsdirektor und neuer Geschäftsführer der Elektrowerkzeuge GmbH Eibenstock verhinderte maßgeblich den zwischenzeitlich drohenden Konkurs und übernahm allen Anfechtungen der Treuhandanstalt zum Trotz nach einem Deal mit den Alteigentümern das Unternehmen. Nach vielen schmerzhaften Einschnitten konnte das Unternehmen 2019 sein 100 jähriges Bestehen feiern. Heute gehört es zu den bekanntesten Herstellern der Branche und ist das einzige noch selbstständig agierende Unternehmen, der ehemaligen DDR.
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